Balasz Taroczy im Club a.d. Alster
Wir sprachen mit Balasz Taroczy, Rothenbaumsieger im Doppel 1983 und Seniorenspieler beim Club an der Alster.
Balasz organisierte viele Jahr ein Schauturnier in Budapest und griff dabei selbst zum Schläger.
Du hast vier Jahre bei den Herren 60 des Club an der Alster gespielt, warum gerade dort?
Balasz Taroczy: Ich werde 69 in diesem Jahr und merke meinen Körper immer mehr. Eine ganze Weile, zwischen 50 und 60, habe ich keinen Leistungssport (lacht über seinen Senioren Leistungssport) mehr betrieben und fühlte mich rundum unwohl in meinem Körper. Dann mit 60 spielte ich ein paar Punktspiele für einen Club in Österreich und traf dort Wolfgang Potutschnig vom Club an der Alster, der mich fragte, ob ich mir vorstellen könnte, auch in Hamburg zu spielen. Seitdem konnte ich mir nichts Besseres vorstellen, als mich im März und April jeden Jahres auf die Punktspiele in Hamburg vorzubereiten. Und dadurch nebenbei den ganzen Sommer fit zu sein. Das ist viel besser als einen dicken Bauch vom Nichtstun zu bekommen.
Am Rothenbaum auf dem M1 während eines HE60-Punktspieles für den Club an der Alster. (Foto: R. Wischmann)
Du warst die Nr. 13 der ATP Weltrangliste, ist denn Seniorentennis im Norden Deutschlands für dich, neben dem Aspekt keinen dicken Bauch bekommen zu wollen, wirklich noch erstrebenswert?
Na klar. Ich bin einer, der nicht gern gegen jemanden verliert, bloß weil ich mich nicht gut vorbereitet habe, im Match- aber vor allem im konditionellen Bereich. Es ist zwar nicht wie früher, aber die Fitness, die ich mir durch die Vorbereitung dann jeweils aneigne, ist bestimmt nicht das gesundheitlich Schlechteste für den Körper. Außerdem spiele ich gern Mannschaftstennis, das hat mir bereits früher bei den Daviscuppartien sehr gut gefallen. Ich fühlte mich im Kreise der Alster Mannschaft richtig wohl und war jedes Mal begeistert, wenn ich wieder in Hamburg war. Es war fast wie nach Hause zu kommen, immerhin habe ich ja gute Erinnerungen an den Rothenbaum, da ich ihn ja im Doppel einmal gewonnen habe.
Prost! Deutscher Mannschaftsmeister mit den Herren 60 des Club an der Alster
Was ist in deinen Augen der größte Erfolg deiner Karriere, neben dem Titel am Rothenbaum natürlich?
Natürlich der deutsche Meistertitel mit dem Club an der Alster 2015. Na ja, vielleicht nicht ganz. In Ungarn wird der Wimbledonsieg von 1985 am höchsten eingeschätzt, weil Wimbledon eben Wimbledon ist. Für mich selbst zählt aber der Einzelerfolg in Barcelona im Finale gegen Ilie Nastase mit 6:4 im fünften Satz am meisten. Plus dazu einige meiner Daviscupmatche, da der Druck im Daviscup im Gegensatz zum Beispiel zu Wimbledon enorm war. Danach kommt dann Wimbledon.
Du lebst seit etwa fünf Jahren mit deiner Familie in Barcelona, was ist der Grund?
Meine Frau und ich möchten, dass unsere Kinder mehrsprachig aufwachsen. Das ist in Budapest sehr viel schwieriger als außerhalb Ungarns. Barcelona ist für uns ideal, vom Klima her sowieso aber auch von den internationalen Schulangeboten. Unsere drei Kinder wachsen jetzt viersprachig auf, Ungarisch ist klar, dazu Deutsch, Englisch und Spanisch.
Und toll ist es, das man hier das ganze Jahr über draußen Sport treiben kann, was aufgrund meiner Vergangenheit natürlich einen großen Stellenwert hat. Ich fühle mich hier allerdings mehr als Taxifahrer, soviel chauffiere ich meine Kinder täglich zu den verschiedenen Sportstätten.
Was macht dein Spanisch?
In Restaurants verhungere ich inzwischen nicht mehr, insgesamt ist es aber sehr ausbaufähig.
Gut gelaunter Coach von Thies Röpcke während der Endrunde in Aschheim 2017, wobei er mich allerdings hinterher fragte, warum ich nicht das spiele, was er mir versuchte beim Seitenwechsel einzutrichtern.
Bist du beruflich noch eingebunden?
Hauptsächlich kommentiere ich für das ungarische Fernsehen ATP Turniere weltweit, leider nicht wie so viele meiner Kollegen vor Ort, sondern in einem kleinen 2 qm Zimmer ohne frische Luft in Budapest, wo ich das Ganze am Fernseher verfolge und meine Kommentare dazu gebe. Ein bisschen neidisch bin ich schon auf meinen früheren Doppelpartner Heinz Günthard, der mit seinen Landsleuten Roger Federer und Stan Wawrinka um die ganze, schöne Tenniswelt fliegt und direkt vor Ort kommentieren darf. Es wird Zeit, dass Ungarn wieder einen oder eine international erfolgreiche Spieler/in bekommt. Mein Hauptaugenmerk liegt aber auf meinem neuen Aufgabengebiet; ich bin seit drei Jahren ungarischer Konsul mit Sitz in Barcelona. Und das hätte ich mir vor ein paar Jahren nicht vorstellen können.
Wie schätzt du das ungarische Tennis zurzeit ein?
Ich bin entsetzt was gerade in Ungarn abgeht. Die Olympia Bewerbung 2024 von Budapest ist in meinen Augen für das Tennis kontraproduktiv.
Du bist in die Entscheidungen dort mit eingebunden?
Nein, ich komme mit den zurzeit Verantwortlichen überhaupt nicht klar. Um zu zeigen dass Budapest Olympia kann, sind jetzt alle Sportarten dabei, zeigen zu wollen dass sie es draufhaben und Olympia kommen kann. Plötzlich gibt es WTA und ATP Turniere und eine ganze Reihe von Challenger Turnieren in Budapest was es früher nicht gab, weil ja kein Geld vorhanden war. Nur, diese Turniere bringen dem ungarischen Nachwuchs nichts außer Anschauungsunterricht und einigen Wildcards. Die Preisgelder werden von den ausländischen Spielen abgeholt. Was das Ganze für das ungarische Tennis bringen soll, ist für mich nicht nachzuvollziehen.
Wo könnte denn das Geld besser eingesetzt werden?
In den Jugend-Trainingsbereich. Es gibt kaum Chancen für ungarische Nachwuchsspieler, internationale Erfahrung zu sammeln, da eine Profikarriere heutzutage nicht wenig kostet. Wo plötzlich das ganze Geld herkommt, ist mir zwar kein Rätsel, da es mit der Olympiabewerbung zu tun hat, nur sollte meiner Meinung nach auch unsere Jugend etwas davon profitieren sollte.
Was empfiehlst du Jugendlichen, die Profi werden wollen?
Früher zu meiner Profizeit war es einfacher. Wenn du als Jugendlicher gut warst, konntest du nicht viel falsch machen und kamst zu einem einigermaßen guten ATP Ranking. Das ist heute natürlich bei der Vielzahl von Jugendlichen nicht mehr der Fall. Jetzt hier Ratschläge zu verteilen würde nicht ausreichen. Aber eins ist klar. Wenn du keinen Spaß verspürst oder Tennis deinen Eltern zuliebe spielst, kann es nichts werden. Um Tennis über einen längeren Zeitraum erfolgreich zu spielen, musst du Tennis lieben. Wie die Big Four: Murray, Djokovic, Federer und Nadal lieben Tennis, darum sind sie ganz oben.
Balasz, vielen Dank.
Karriere Infos:
ATP Einzel Nr.13, ATP Doppel Nr. 3
London Wimbledon Doppel 1985, Paris Doppel 1981,
ATP Doppel Masters 1982, 83 und 86 (alle mit Heinz Günthardt)
Rothenbaum Doppel 1983