Dr. Carrero: Erstversorgung einer Verletzung am Hamburger Rothenbaum
Volker Carrero, seit vielen Jahren Turnierarzt der German Open und der Hamburg Open, während einer Podiumsdiskussion am Rothenbaum. Foto Alexander Scheuber/Hamburg European Open
Liebe TennisFans,
bei den internationalen Turnieren werden die verantwortlichen/leitenden Physiotherapeuten entweder von der ATP/WTA entsandt oder vom Veranstalter gestellt. Diese Physiotherapeuten werden bei Verletzungen auch als erstes auf den Platz geholt. Sie befragen und untersuchen den Spieler. Die Befragung und Untersuchung zählt nicht zur 3-minütigen Behandlungszeit. Bei Verletzungen im intimeren Bereich darf/muss in die Kabine gegangen werden. Bei Notwendigkeit holt der Physiotherapeut den Turnierarzt mit auf den Platz, meist um schwerere Verletzungen mit zu beurteilen oder wegen der Frage einer medikamentösen Therapie. Erst wenn die eigentliche Behandlung beginnt, zählt das 3-Minuten Zeitfenster. Folglich müssen die Physiotherapeuten gut in zielsicherer, schneller und effizienter Behandlung geschult sein. Alle bekannten Methoden wie Tapes, Kühlen, Mobilisationen, Massage etc. werden eingesetzt. Benötigtes Material wird vor der Behandlung schon bereitgelegt oder Tapes vorgeschnitten, um die 3 Minuten optimal auszunutzen. Die gesamte Verletzungszeit wird vom Oberschiedsrichter überwacht.
Was sollte man bei Verletzungen tun?
Diese Frage kann natürlich nicht im Generellen beantwortet werden. Zunächst ist die Erstversorgung wichtig. Das sogenannte Pech-Schema ist immer noch aktuell: P = Pause, E = Eis, C = Kompression, H = Hochlagern. Dann sollte natürlich die genaue Diagnose gestellt werden. Dazu ist eine ärztliche Untersuchung anzuraten. Erfahrene Sportmediziner können aufgrund der Anamnese und Untersuchung meist schon eine Diagnose stellen, zusätzlich werden bildgebende Verfahren wie Röntgen, Sonographie und MRT je nach Bedarf eingesetzt.
Man sollte sich hüten, Verletzungen zu bagatellisieren. Nicht selten sind dadurch Spätfolgen bedingt. Die am meisten bagatellisierte Verletzung im Sport ist das Umknicktrauma der Sprunggelenke. Eine Bänderdehnung und ein Bänderriss sind durch die klinische Untersuchung nicht eindeutig zu differenzieren. Eine Verletzung der Syndesmose, der Bandstruktur zwischen Schien- und Wadenbein, die unter Umständen operativ versorgt werden muss, wird sehr häufig übersehen
In der Diagnostik und Therapie von Muskelverletzungen bedarf es großer Erfahrung. Nur anhand des Schmerzbildes des Sportlers ist das Ausmaß der Muskelverletzung nicht zu erkennen. Als Sportarzt ist man häufig erstaunt, wie schmerzhaft muskuläre oder fasziale Verhärtungen, bei denen bildgebend kein struktureller Schaden vorliegt, sein können, und wie andererseits ausgeprägte Muskelverletzungen, sogar Muskelbündelrisse, sich in der Untersuchung relativ unauffällig darstellen. Eine genaue Untersuchung der Muskulatur, zunächst mittels Sonographie ist notwendig. Je nach Verletzungsausmaß bedarf es einer individuellen Therapie mit einer individuellen Zeitschiene, die die Belastungsschritte von der ersten Rückkehr zur Aktivität, über Rückkehr zum generellen Sport bis zur Rückkehr in den Wettkampfsport berücksichtigt. Dazu ist ein intensiver Austausch Sportler, Physiotherapeut, Trainer und Arzt wünschenswert.
Das medizinische Team der Hamburg European Open um Dr. Volker Carrero (2.v.r). Ganz oben ATP Physiotherapeut Yannik Lambrecht aus Hamburg. Foto Alexander Scheuber/Hamburg European Open
Was sollte man immer im Thermobag dabeihaben?
Ich selbst habe immer ein kleines Medizinpack dabei. Generell sollte dieses sicherlich folgende Dinge beinhalten: elastische Binde, Tape, Schere, Pflaster, Blasenpflaster, antiallergische Salbe gegen Insektenstichen, Magnesiumtabletten, evt. Einmal-Kühlpacke (Kühlen nachdem man sie mechanisch knickt). Zusätzlich habe ich Schmerzmittel, Kinesiologisches Taping und ein Flossingband in meiner Tasche.
Diese kleinen Hilfen sollte man im Thermoback immer dabei haben.
Kaum ein Profi hat heutzutage kein Tape irgendwo an seinem Körper
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Dr. Volker Carrero, MVZ Argon, Große Bleichen 5, 20354 Hamburg