Thilo Leppin, Legende vom Rothenbaum

Thilo Leppin und die Tradition am Rothenbaum

Thilo Leppin, die Legende vom Rothenbaum

 

Die Legendentafel im Center Court vor der großen Renovierung der Anlage des Club an der Alster.

Tradition wird auf beinahe jedem größeren, internationalen Tennisturnier großgeschrieben. Wer den Rothenbaum vor der Renovierung regelmäßig besuchte, kam an den Portraits der Sieger an der Center Court Wand nicht vorbei, ohne diese mit staunenden Augen zu bewundern. Haben Sie sich mal Gedanken gemacht, wie diese vielen Illustrationen sich dort breitmachen konnten?

Tradition ist schön und gut, es musste aber jemand diese Tradition pflegen.

Der TennisFan traf den dafür Verantwortlichen, Thilo Leppin vom TTC Sachsenwald (Vater von Lucas Leppin, ehemalige Nr. 1 in Deutschland der U14).

TennisFan: Hallo Thilo, wer hatte die Idee zur Siegerlegendentafel am Hamburger Rothenbaum?

Thilo Leppin: Im Rahmen meiner 10-jährigen Zusammenarbeit als Werbemann mit dem DTB und dem Deutschen Tennis-Mekka am Rothenbaum erhielt ich 1991 den Auftrag zur Ideenfindung eines neuen, attraktiven und publikumswirksamen Erscheinungsbildes auf der Turnieranlage – mit internationalem Anspruch an die Tenniswelt. Man dachte zunächst an eine Statue, ein Tennissymbol, ähnlich wie der überdimensionale Bronze-Fuss von „Uns Uwe“ Seeler am Volksparkstadion. Meine Idee zur Erstellung einer Portrait-Legendentafel aller Siegerinnen und Sieger wurde spontan begeistert aufgenommen und beauftragt.

Die „Legendentafel“ machte nicht mehr den besten Eindruck. Wer pflegte die „Tafel“?

In den zurückblickenden Jahren habe ich in Zusammenarbeit mit dem DTB selbst die Plattenproduktion und -pflege übernommen. Mittlerweile hat dies der Turnierveranstalter in Eigenregie übernommen. Man sah leider den qualitativen Unterschied. Sicherlich sparte man hier an falscher Stelle. Die Optik der letzten Jahres-Tafeln war in einem bemerkenswerten schlechten Zustand und der Legenden-Präsentation unwürdig.

Jedes Turnier legt hohen Wert auf seine Traditon. Warum gab es z.B. keine größere Board/Roll of Honor- oder einen speziellen „Museumsraum“ im Center Court?

1. Für eine größer angelegte Traditionspflege und Legenden-Präsentation fehlten auf der Rothenbaum-Anlage die Räumlichkeiten.

2. Schien mir das Interesse (und das Geld) der Turnier-Veranstalter und Vermarkter am „Ausbau des Traditionskonzeptes“ komplett zu fehlen, was sehr schade war (aus Marketingsicht sogar eher kurzsichtig – ich helfe gern). Hier hatte die Stadt Hamburg auch eine tragende Mitverantwortung für den Standort. Letztlich geht es aber immer wieder um Eigeninteressen, Geld, Gewinn und Profit. Im heutigen Profisport und Weltkarussell aber verständlich und unabdingbar. Die Portrait-Siegerwände unserer (meiner) Legenden lassen grüßen.

Rafael Nadal, Sieger am Rothenbaum 2008 und 2015

Als geistiger Vater dieser Idee warst Du außerdem auch der künstlerische Gestalter der Portraits. Warum Illustrationen und keine Fotos?

Die Siegerliste der Rothenbaum-Turniere hat eine lange Tradition und geht bis 1892 zurück – Walter Bonne war der erste bei den Herren und Maren Thomsen 1896 bei den Damen. Die fotografische Qualität, Dokumentation und Vorlagenbeschaffung der Spieler der früheren Jahre aus allen Herrn Ländern war äußerst schwierig und für mein Vorhaben unzureichend geeignet.

Außerdem wollte ich den Siegern eine besondere optische Anmutung verleihen, durch eine künstlerische Abbildung, die weit über die fotografische Momentaufnahme hinausgeht. Das war meinem Anspruch – als ehemaliger Kunststudent und Illustrator – und meiner persönlichen Wertschätzung der Legenden-Bedeutung und Traditionspflege einer weltweit unvergleichlichen Ahnentafel geschuldet.

Wie entwickelte sich die Portraitwand?

Besonders anspruchsvoll gestaltete sich die illustrative Gestaltung der Portraits aus den früheren Jahren. Wir haben international zeitaufwendig in Tennis-Archiven nach Vorlagen recherchiert. Für mich enorm reizvoll und herausfordernd. Galt es doch, die „Persönlichkeiten“ so gut wie möglich ähnlich, charakteristisch und positiv strahlend zu präsentieren. Da war künstlerisch viel Einfühlungsvermögen gefragt. Hier konnte ich meinen sportlichen Tennis-Idolen endlich viel näherkommen und kennenlernen – ihren Gesichtsausdruck, ihre Leidenschaft, ihre menschliche Seele.

Martin Klizan, Champion 2016

Mich hat die stolze Aussage vom Sieger 2016, Martin Klizan (Slowakei), sehr berührt: „Ich wollte unbedingt neben meinem großen Vorbild Miroslav Mecir (Rothenbaum Sieger von 1985) auf dieser einmaligen Ahnengalerie stehen.“

Bekamen die jeweiligen German Open Sieger auch eine Kopie Deiner Illustration?

Das hatte ich mehrfach vorgeschlagen, aber dies wurde von den Turnierverantwortlichen leider nicht umgesetzt. Ich vermute, dass Sponsoren/Vermarktung und Fotografen/Medieninteressen mit Life-Aufnahmen im Vordergrund standen und stehen. Eigentlich schade. Es gäbe aus meiner Sicht viele schöne und effektive Einsatzmöglichkeiten.

Kann man Deine künstlerischen Siegerportraits käuflich erwerben?

Da meine Illustrationen vom Hamburger Tennis-Turnierveranstalter nur für die interne Verwendung der Siegerwände erworben werden, besteht und bleibt das Urheber- und Nutzungsrecht derzeit bei mir alleine. Ich bin aber gerne offen für neue Überlegungen. Ich möchte selbst nicht Mittelpunkt der Portrait-Illustrationen sein. Das sind „die Originale, die Legenden“. Ich freue mich aber über jedes Interesse und jede Anfrage und werde sicherlich jedem ein „sportliches Angebot“ machen.

An welche Rothenbaum-Siegerin erinnerst Du Dich, ohne nachzudenken?

Natürlich an unsere deutsche „Tennis-Gräfin“ Steffi – Siegerin am Rothenbaum 1986, 87, 88, 89, 91 und 92. Ich habe sie zwar leider nie persönlich kennengelernt, sie aber mit Freude und Wertschätzung live auf dem Platz erlebt, bewundert und sie besonders gerne für die Legendentafel gezeichnet. Schade und für mich schwer verständlich, warum wir das hochattraktive Damen-Welttennis am Rothenbaum verloren haben. Die Erinnerung bleibt.

Hattest Du zu einem oder mehreren der Sieger ein besonderes Verhältnis?

Ja! Zu meinem „alten“ australischen Freund John Newcombe, Rothenbaum Sieger der German Open 1968, verheiratet (1966) mit der Hamburgerin „Angie“ Angelika Pfannenberg. Ich lernte ihn kennen über John´s Schwager Volker, meinem Teamfreund aus unserer gemeinsamen ersten Bundesliga-Hockeyzeit im Harvestuder THC. Wir gingen zum Bowling, feierten gemeinsam – Australier sind die geborenen Bierkenner und -liebhaber –, war bei fast allen Spielen und Turnieren in Deutschland mit John vor Ort und lernte über ihn die bekanntesten Weltspieler in privater Runde kennen. Ein immer fröhlicher, positiver, sympathischer Sportsmann ohne Allüren. „Big Newc“ ,groß, athletisch, breite Schultern und noch bessere Aufschläge wurde mit seinem legendären Schnauzbart (Markensymbol) ein Tennisweltstar. Im Einzel: acht Wochen die Nr.1, drei Wimbledon-Siege 1967, 70, 71 sowie zig-facher Einzel/Doppel/Mixed Gewinner der Australian Open, French Open, US Open und 32 ATP-Titel. Zusammen mit Tony Roche im Doppel über Jahre eine Weltmacht. Ich durfte ihn zu einem Wimbledon-Sieg begleiten, zum US-Open Titel (ehem. Forest Hills) sowie als einer seiner Tennis-Instructors auf seiner Newc´s Tennis Ranch in Texas New-Braunsfeld meine DTB-Lehrererfahrung einbringen und bei den inoffiziellen „Beer-Drinking-Competitions“. Und ich durfte ihn für die Legenden-Siegertafel am Rothenbaum zeichnen! Für mich „ein Fest“. Danke, John und Angie, für die unvergessene tolle Zeit.

Thilo, danke Dir: Einen besseren Einblick in die Geschichte der Legendenwand kann man anderswoher nicht bekommen. Was hältst du übrigens von der neuen Gestaltung der Legendenwand nach der Renovierung?

 Ich bin nicht so glücklich über die Ausführung, aber das ist wohl der neuen Zeit geschuldet. Die dafür Verantwortliche hatte eben andere Vorstellungen, wie man die Legenden optimal in Szene setzt.

 

Steckbrief Thilo Leppin:

Sportliche Familie: verheiratet, 2 Töchter, 1 Sohn

Hamburger aus Leidenschaft: (Hockey, Tennis, Golf), Musik (Band)

Heimatclub: TTK Sachsenwald seit 1949, Bundesliga: HTHC (8 Jahre)

Highlights: Hockey National u. Bundesliga, Club Hockey- u. Tennistrainer,

Kunststudium HH, Kreativ Director (GGW Agentur), Selbständig: Studio Thilo Leppin HH,

Illustrator, Maler (u.a. Portrait), Ausstellungen/Auftragsmalerei,

Schiffsbemalung: „Wappen von Hamburg“, Straßenbahn-Bemalung HH: „HADAG“,

Portrait-Illustrationen (Siegerportraits am Hamburger Rothenbaum)

 

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Noma Noha Akague