Falk Hoffmann aus Halle
Olympiasieger im Turmspringen
Vom Zehnmeterturm auf den Tennisplatz
Tennis ist seine Leidenschaft. In dieser Saison wechselte Falk vom TC BW Rostock zu den Regionalliga Herren 65 nach Warnemünde
Moskau 1980 war seine Sternstunde
Mit dem Olympiasieg im Turmspringen krönte Falk Hoffmann seine Karriere. Ein spektakulärer Sprung des Wahl-Rostockers rief die Stasi auf den Plan. Der einstige Fußballer spielt inzwischen in der Tennis-Regionalliga. 1+2
Der 28. Juli 1980. Falk Hoffmann steht vor dem wichtigsten Sprung seines Lebens. Doch von Anspannung keine Spur. Der Salti- und Schraubenkünstler ist ganz ruhig, als er die Stufen in der Schwimmhalle des Moskauer Olimpijski-Sportkomplexes erklimmt.
„Mein letzter Sprung war der eineinhalb Rückwärtssalto mit zweieinhalb Schrauben. Den konnte ich im Schlaf“, erzählt Hoffmann. Der Paradesprung gelang. Gold! Hoffmann ist Olympiasieger im Turmspringen. Die Krönung seiner mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Karriere. 3
1982 beendete der Athlet, der an drei Olympischen Spielen teilnahm, der bei den Weltmeisterschaften 1978 in Berlin zweimal Silber gewann und der bei Europameisterschaften einen kompletten Medaillensatz erkämpfte, seine Laufbahn.
Falk Hoffmann fischte reichlich Edelmetall. Mittendrin: die olympische Goldmedaille von Moskau.
„Die Erinnerungen sind wunderschön, aber ich lebe nicht in der Vergangenheit, sondern im Jetzt“, sagt der in Rostock lebende 67-Jährige.
Die Gegenwart ist rosig. Der Vater zweier erwachsener Söhne und einer 13-jährigen Tochter ist seit knapp zwei Jahren verheiratet. Im Ostseebad Warnemünde gab er seiner Silke das Ja-Wort. „Das war perfekt. Zwei Tage vorher lag noch Schnee, tags darauf hat's geregnet“, erzählt der gebürtige Chemnitzer, der sich noch heute als Springwart des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern engagiert.
Perfekte Körperhaltung: Falk Hoffmann gehörte zu den besten Wasserspringern der Welt.
Falk Hoffmann hätte vermutlich auch in anderen Sportarten für Furore sorgen können. Mit Turbine Halle feierte er den Aufstieg in die Bezirksliga, der damals dritthöchsten Spielklasse in der DDR. Schon vor und nach seiner Zeit als aktiver Fußballer kickte er insgesamt über 25 Jahre für die HFC-Oldies. „Für mich war es abtrainieren. Ich war fitter als die Fußballer“, sagt der Jugend-Europameister von 1967.
Auch Tennis gehört zu seinen sportlichen Leidenschaften. Lutz Kandarr, Vater von Jana Kandarr (Olympia-Teilnehmerin 2000), machte dem Hallenser den Sport schmackhaft. Seit 1984 spielt Hoffmann in verschiedenen Mannschaften. Er ist Ostliga-Meister und mehrfacher Titelträger in drei Verbänden – Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
Mit den Herren 65 des TV Blau-Weiß Warnemünde spielt er in der Regionalliga. „Es macht Spaß“, sagt Hoffmann, der 2013 nach Rostock zog. Am Olympiastützpunkt der Hansestadt wurde ein Trainer gesucht. Der Diplom-Sportlehrer, dessen Schützlinge beim SC Chemie Halle (darunter Junioren-Weltmeisterin Melanie Frerk) reihenweise Edelmetall an Land zogen, zögerte nicht lange.
Letzter Sprung. Im Gleichklang der Bewegungen: Falk Hoffmann (r.), hier mit Andreas Wels, 2017 bei seinem letzten Sprung.
Seinen letzten Sprung absolvierte Hoffmann, der 1999 in die Ruhmeshalle des internationalen Schwimmsports aufgenommen wurde, vor drei Jahren in seiner
Heimatstadt Halle. Beim Promi-Wettbewerb „Sprung meines Lebens“ stürzte sich der Olympiasieger zusammen mit Andreas Wels, der bei den Sommerspielen 2004 in Athen Silber gewonnen hatte, im Nordbad vom Zehner. „Das war ganz schön hoch, ich war zuvor 25 Jahre nicht gesprungen“, erzählt Falk Hoffmann und schmunzelt. Die beiden Olympia-Teilnehmer tauchten nahezu spritzerlos ins Wasser. „Das war ein einfacher Sprung.“
Fit wie kein Zweiter, mit 67 Jahren noch bei den Herren 55 des TC BW Rostock, vordere Reihe v.l.: Falk Hoffmann, Dierk Schröder und Kai Jaspersen; hintere Reihe v.l.: Burkhard Herzberg, Harald Sayer, Thomas Kragenings und Ralph Strübing.
Ein anderer Sprung brachte Hoffmann indes Ärger ein. Es war 1981. Die DDR hatte die Olympiasieger und Silbermedaillengewinner von Moskau zu einer Auszeichnungsreise auf das Urlauberschiff „Völkerfreundschaft“ (die heutige „Astoria“) eingeladen. Der 160 Meter lange Kreuzliner schipperte auf dem Mittelmeer in Richtung Venedig. Hoffmann spielte Skat auf dem Oberdeck, als die Crew ein Manöver absolvierte. Rettungsboote wurden zu Wasser gelassen. Da wurde in der Skatrunde eine Idee geboren. Hoffmann könne doch mal vom Schiff springen. Der Schrauben- und Saltikünstler lehnte zunächst ab. Doch die Mitspieler ließen nicht locker. Sie stichelten hartnäckig und lobten eine Kiste Sekt aus.
Hoffmann stieg auf die Brüstung und stürzte sich aus über 20 Metern in die Tiefe, stieg nach einem Doppelsalto mit einer halben Schraube in eines der Rettungsboote und kehrte zurück an Bord. „Alle fanden es super“, berichtet der Wagemutige. Nur die DDR-Offiziellen und die mitreisenden Stasi-Mitarbeiter nicht. Sie werteten den Spaßsprung als Grenzverletzung. Hoffmann musste zum Rapport, bekam einen strengen Verweis mit Eintrag ins Logbuch und stand seitdem unter besonderer Beobachtung. Als er und seine damalige Frau in Venedig eine Gondelfahrt buchten, war es vorbei mit der Romantik. „Da stiegen die beiden von der Stasi mit ins Boot“, erzählt Hoffmann, der nach der Wende eine Handelsvertretung für den Ausrüster Olympia aufbaute. Heute ist er als Selbstständiger für Head tätig.
Ein perfekter Tag. Falk Hoffmann gab seiner Silke vor vierJahren das Ja-Wort.
In den eigenen vier Wänden ist von seinen großen Erfolgen nichts zu sehen. Die vielen Medaillen und Pokale bewahrt Falk Hoffmann im Schrank auf. Ein Schmuckstück fehlt: Der Siegelring, den er 1980 als Olympiasieger bekommen hat. Der Wahl-Rostocker hat ihn vor drei Jahren in einem Restaurant verloren. Eine Suchaktion auf der Online-Plattform eBay-Kleinanzeigen brachte nichts ein. „Der Ring ist ein Einzelstück. Er liegt mir sehr am Herzen“, sagt Hoffmann. Kein Wunder: Mit dem Schmuckstück sind traumhaft schöne Erinnerungen an jenen Sommertag in Moskau verbunden. (Stefan Ehlers)
Fotos: Stefan Ehlers und privat