Chris Evert und Martina Navratilova
Martina Navratilova und Chris Evert, Legenden ihrer Zeit und danach. Foto Jürgen Hasenkopf
Legenden im Tennis - die Größten aller Zeiten? (von Thies Röpcke)
Die Erfolgsstory der „Großen Drei“, Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic, aber auch der Damen mit Steffi Graf, Chris Evert, Martina Navratilova, Serena Williams und Billie Jean King belebt die immer mal wieder aufkommende Diskussion um die wahre Nr. 1 aller Zeiten. Wer ist es denn nun? Fred Perry, Jack Kramer, Rod Laver, Jimmy Connors, Björn Borg, John McEnroe, Ivan Lendl, Boris Becker, Stefan Edberg, Pete Sampras, Andre Agassi oder eben doch Roger Federer. Der TennisFan versucht ein bisschen Überblick zu schaffen, wer was von den oben genannten Spielern/innen erreicht hat.
Was ist eine Legende? Definieren wir sie im Tennis als einen Spieler, der große Erfolge errang und auch nach seiner Karriere im Gegensatz zu vielen seiner damaligen Gegner den Tennisfans in Erinnerung geblieben ist. Nur durch sportliche Siege erreicht man dies nicht. Das Auftreten auch außerhalb des Platzes, die Persönlichkeit spielt, um zur Legende zu werden, eine entscheidende Rolle. Ich habe die jeweiligen zwei Spieler/innen herausgesucht von denen ich meine, dass ihre Matches gegeneinander ihre Tennisepoche bestimmten. Ein einzelner erreicht nicht die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ohne den entsprechenden Gegenpart. Die unterschiedlichen Spielweisen - Offensive gegen Defensive - machen Tennis so unterhaltsam. Dazu diese kleine Vorgeschichte aus dem Jahre 1877, entnommen aus Gianni Clericis Buch, 500 Jahre Tennis:
Reporter: „Sind sie froh über diesen Wimbledonsieg, Mr. Gore?“ Gore: „Natürlich.“ Reporter: „Haben Sie vor diesem Turnier bereits viel Tennis gespielt?“ Gore: „Nun ja, andere Sportarten mehr.“ Reporter: „Sie habe einen sehr harten Aufschlag, wie trainieren sie den?“ Gore: „Ich rolle meine Ärmel hoch und gebe dem Ball in Schulterhöhe einen starken Unterschnitt. Das Aufschlagfeld ist sehr groß, man sollte es kleiner machen.“ Reporter: „Wird Ihr offensives Spiel eine Zukunft haben?“ Gore: „Glaube ich nicht, eher wird ein perfekter Treibschlag von der Grundlinie das Spiel bestimmen.“ Reporter: „Ihr Gegner, Mr. Heathcote, meint, Ihr Offensivspiel und Ihre Volleys würden alle Gegner und damit auch das Tennisspiel zerstören.“ Gore: „Hoffen wir, dass Heathcote bei den Gegnern Recht behält.“
Dieses Interview führte ein englischer Reporter nicht etwa mit dem amerikanischen Präsidentschaftskandidaten von 2000 und jetzigen Umweltaktivisten Al Gore, sondern mit dem Wimbledonsieger von 1877, Spencer Gore. Schon damals gab es keine Einigkeit darüber, welche Stilrichtung ob offensiv oder defensiv den totalen Erfolg bringen würde.
In all den Jahrzehnten bis heute faszinierte gerade dieser Vergleich z.B. zwischen Pete Sampras als offensiver Volleykünstler und Andre Agassi als mehr von der Grundlinie agierender Akteur. Ein Match zwischen zwei Grundlinienspielern wie Roberto Bautista Agut gegen Casper Ruud oder zwei Offensivspielern wie Alexander Bublik gegen Jordan Thompson wird nie das gesamte Tennisrepertoire zeigen wie - schon oben angeführt - Andre Agassi gegen Pete Sampras oder Ivan Lendl gegen Boris Becker. Auch bei den Damen gab es diese unterschiedlichen Spielweisen, Chris Evert und Martina Navratilova an vorderster Stelle.
Chris Evert, 18.malige Grand Slam Siegerin. Foto Jürgen Hasenkopf
Chris Evert
Die Amerikanerin machte schon früh Schlagzeilen: sechs Juniorinnentitel im sportlichen Bereich, sowie die Verlobung mit Jimmy Connors erregte großes Aufsehen, diese hatte allerdings keinen langen Bestand. Ihre Karriere begann in den siebziger Jahren, in denen sie bisher unerreichte 125 Siege in Folge auf Sandplätzen errang. Von 1973 bis 1979 blieb sie auf ihrem Lieblingsbelag ungeschlagen.
Dann kam mit Martina Navratilova eine Rivalin, mit der sie sich in den nächsten Jahren abwechselnd Platz Eins der Weltrangliste teilen musste. In ihren insgesamt 80 Duellen ging Chris Evert 37 Mal als Siegerin vom Platz. Diese Matche waren im Damentennis die Highlights der frühen achtziger Jahre. Chris Evert mit ihrem aggressiven Grundlinienspiel und Martina Navratilova als die Volleyspezialistin waren für exzellente Matche prädestiniert. Defensive gegen offensive Spielweise ist auch heute die beste Ausgangslage für die ganze Bandbreite, die die Zuschauer im Tennis begeistert. Ein weiterer Rekord von Chris Evert: sie erreichte in ihren ersten 34 !!! Grand Slam Turnieren mindestens das Halbfinale.
Chris Evert, als Steffi Graf die Weltbühne betrat neigte sich die Karriere der Amerikanerin dem Ende zu. Foto Jürgen Hasenkopf
Wie Björn Borg hing sie allzu lang an ihrem Holzschläger, dem Wilson „Chris Evert Autograph“. Martina Navratilova entschied sich sehr viel früher zum Materialwechsel, der in den achtziger Jahren seinen Höhepunkt mit den neuen Materialien wie Carbon, Graphite und Fiberglas hatte. Borg wie Evert verschenkten wahrscheinlich einige Titel durch dieses Zögern. Die neu auf den Markt gekommenen Schläger wiesen eine viel größere Beschleunigung als die Holzschläger auf. Auch die beste Fitness war machtlos gegen die Power, die die neuen Rackets hatten.
Chris Evert war bis zu ihrem Rücktritt 1989 nie schlechter eingestuft als Position vier der Weltrangliste. Nach ihrer Karriere war sie jahrelang Vorsitzende der WTA, der Women Tennis Association, und war maßgeblich beteiligt an deren Aufstieg. Sie ist Besitzerin der Evert Tennis Academy, eine der größten Tennisschulen an der Ostküste Floridas.
Martina Navratilova, wie komme ich am schnellsten ans Netz? Foto Jürgen Hasenkopf
Martina Navratilova
Wenn Steffi Graf ihr nicht den Rang durch ihre noch zahlreicheren Erfolge abgelaufen hätte, müsste man Martina Navratilova als die Größte bezeichnen. 19 Grand Slam Erfolge, darunter neunmal Wimbledon sprechen für sich. Sie gewann den „Grand Slam über zwei Jahre“, also die vier großen Turniere hintereinander, aber nicht in einer Saison, sondern in der Reihenfolge Wimbledon, US Open, Australian Open und French Open.
1975 kehrte sie nach dem Gewinn des Federationcups in Frankreich nicht mehr in ihre Heimat, die Tschechoslowakei, zurück. Die kommunistischen Behörden hatten ihr immer wieder Steine in den Weg gelegt, ihre Tenniskarriere so zu betreiben, wie sie es sich vorstellte, also auch im Ausland zu spielen. In ihrer neuen Heimat, der USA, war sie anfangs ganz auf sich allein gestellt, schaffte es aber durch ihren eisernen Willen sich durchzusetzen. Was Ivan Lendl bei den Herren, war Martina bei den Damen. Sie führte ein ganz auf Tennis abgestimmtes Leben. Als Erste wand sie die in den achtziger Jahren populäre „Haas“ Diät an, viel Obst, Salat, Fisch und wenig Fleisch.
Martina Navratilova, 9x erfolgreich in Wimbledon. Foto Jürgen Hasenkopf
Von 1982 bis 1984 gewann sie von 260 Matches 254. Durch ihre Fairness und Aufrichtigkeit besaß sie großen Respekt und Anerkennung bei ihren Konkurrentinnen, was bestimmt nicht selbstverständlich ist in der Profiszene. Von 1982 bis 1987 stand sie an der Spitze der Weltrangliste, nur unterbrochen von wenigen Wochen, die Chris Evert innehatte. Dann kam mit Steffi Graf eine neue Herausforderung für sie. Die Matches der beiden gegeneinander war die Fortsetzung der Duelle Evert-Navratilova, Grundlinie gegen Volleyspiel. Martina spielte aufgrund ihrer Fitness noch lange erfolgreich Doppel auf der WTA Tour.
Grand Slam Erfolge
Chris Evert: 2 x Australian Open – 7 x French Open – 3 x Wimbledon – 6 x US Open
Martina Navratilova: 3 x Australian Open – 4 x French Open – 9 x Wimbledon – 3 x US Open
Dieses You Tube Video wurde “eingebettet” mit Genehmigung des Urhebers (USTA)