Björn Borg und John McEnroe

Legenden im Tennis - die Größten aller Zeiten ? (von Thies Röpcke)

Die Erfolgsstory der „Großen Drei“, Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic, belebt die immer mal wieder aufkommende Diskussion um die wahre Nr. 1 aller Zeiten. Wer ist es denn nun? Fred Perry, Jack Kramer, Rod Laver, Jimmy Connors, Björn Borg, John McEnroe, Ivan Lendl, Boris Becker, Stefan Edberg, Pete Sampras, Andre Agassi oder eben doch Roger Federer. Der TennisFan versucht ein bisschen Überblick zu schaffen, wer was von den oben genannten Spielern erreicht hat.

Was ist eine Legende? Definieren wir sie im Tennis als einen Spieler, der große Erfolge errang und auch nach seiner Karriere im Gegensatz zu vielen seiner damaligen Gegner den Tennisfans in Erinnerung geblieben ist. Nur durch sportliche Siege erreicht man dies nicht. Das Auftreten auch außerhalb des Platzes, die Persönlichkeit spielt, um zur Legende zu werden, eine entscheidende Rolle. Ich habe die jeweiligen zwei Spieler/innen herausgesucht von denen ich meine, dass ihre Matches gegeneinander ihre Tennisepoche bestimmten. Ein einzelner erreicht nicht die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ohne den entsprechenden Gegenpart. Die unterschiedlichen Spielweisen - Offensive gegen Defensive - machen Tennis so unterhaltsam. Dazu diese kleine Vorgeschichte aus dem Jahre 1877, entnommen aus Gianni Clericis Buch, 500 Jahre Tennis:

 

Reporter: „Sind sie froh über diesen Wimbledonsieg, Mr. Gore?“ Gore: „Natürlich.“ Reporter: „Haben Sie vor diesem Turnier bereits viel Tennis gespielt?“ Gore: „Nun ja, andere Sportarten mehr.“ Reporter: „Sie habe einen sehr harten Aufschlag, wie trainieren sie den?“ Gore: „Ich rolle meine Ärmel hoch und gebe dem Ball in Schulterhöhe einen starken Unterschnitt. Das Aufschlagfeld ist sehr groß, man sollte es kleiner machen.“ Reporter: „Wird Ihr offensives Spiel eine Zukunft haben?“ Gore: „Glaube ich nicht, eher wird ein perfekter Treibschlag von der Grundlinie das Spiel bestimmen.“ Reporter: „Ihr Gegner, Mr. Heathcote, meint, Ihr Offensivspiel und Ihre Volleys würden alle Gegner und damit auch das Tennisspiel zerstören.“ Gore: „Hoffen wir, dass Heathcote bei den Gegnern Recht behält.“

Dieses Interview führte ein englischer Reporter nicht etwa mit dem amerikanischen Präsidentschaftskandidaten von 2000 und jetzigen Umweltaktivisten Al Gore, sondern mit dem Wimbledonsieger von 1877, Spencer Gore. Schon damals gab es keine Einigkeit darüber, welche Stilrichtung ob offensiv oder defensiv den totalen Erfolg bringen würde.

 

In all den Jahrzehnten bis heute faszinierte gerade dieser Vergleich z.B. zwischen Pete Sampras als offensiver Volleykünstler und Andre Agassi als mehr von der Grundlinie agierender Akteur. Ein Match zwischen zwei Grundlinienspielern wie Roberto Bautista Agut gegen Casper Ruud oder zwei Offensivspielern wie Alexander Bublik gegen Jordan Thompson wird nie das gesamte Tennisrepertoire zeigen wie - schon oben angeführt - Andre Agassi gegen Pete Sampras oder Ivan Lendl gegen Boris Becker. Auch bei den Damen gab es diese unterschiedlichen Spielweisen, Chris Evert und Martina Navratilova an vorderster Stelle.

 

Hier die beiden großen Rivalen der späten 70er Jahre, Björn Borg und John McEnroe, die für mich zu den Top 12 zählen, aber nicht den Jahrhundertmeister stellen.

Mit die Größten aller Zeiten, John McEnroe und Björn Borg. Foto Jürgen Hasenkopf

 

Björn Borg:

42 siegreiche Matches hintereinander in Wimbledon, 5 Jahre lang (1976-1980) keine Niederlage auf dem heiligen Rasen. Es wurde Zeit, dass Borg 1981 gegen John McEnroe verlor. Seine Hemden wiesen durch ewiges Waschen keinerlei Farben mehr auf. Sein damaliger Sponsor Fila war nicht begeistert, dass Borg fünf Jahre lang aus Aberglauben in den gleichen Shorts und Hemden spielte, mit denen er 1976 seinen ersten Sieg errang. Die Hysterie, die Borg bei seinem ersten Auftreten in Wimbledon bei den englischen Teenagern auslöste, ist bis heute unerreicht. Die Organisatoren standen plötzlich vor Schwierigkeiten, die es in der Form noch nicht gegeben hatte. Leibwächter mussten engagiert werden, um der Lage Herr zu werden, so sehr wurde Borg von seinen jugendlichen Fans bedrängt.

Björn Borg ist bis heute der einzige Weltstar, der mit zehn Jahren seine ersten großen Erfolge in der Jugend feierte und sie dann später bei den Herren bestätigte. Borgs größter Charakterzug war seine Leidenschaft sich zu quälen, im Training über seine Schmerzgrenze zu gehen. Sein Stil, Tennis zu spielen, wurde oft kopiert, aber nie erreicht. Viele dachten, der Topspin wäre Borgs Erfindung. Topspin beherrschten auch die Spieler vergangener Generationen, er wurde nur sparsamer eingesetzt. John Newcombe, Australiens Spitzenspieler Anfang der siebziger Jahre, meinte: „So wie er die Bälle schlägt, bekommt er in Kürze Schwierigkeiten mit seinem Arm“, dies trat allerdings nicht ein. Borg war ein Meister in der Kunst, seinen Gegner nicht nur im Spiel zu schlagen, sondern ihn innerlich zu verunsichern. Auf Ascheplätzen demoralisierte er seine Gegner nicht etwa durch aggressive Gewinnschläge, sondern durch Geduld ohne Ende und einer überragenden Beinarbeit. Dies setzte natürlich eine Konzentrationsfähigkeit voraus, durch die er seinen Gegnern überlegen war. Ihm war es gleich, ob er den Punkt nach dem ersten oder erst nach dem 50. Schlag machte. Björn Borg schlug Guillermo Vilas (die damalige Nr. 2 der Welt) einmal im Finale des Grand Slam Turniers von Paris mit 6:1, 6:0, 6:1; das Match dauerte aber über vier Stunden.

Björn Borg und sein Donnay Björn Borg gehörten zusammen. Foto Ray Giubilo

Nach Jahren des Erfolges ließ bei Borg natürlich irgendwann seine Überlegenheit nach und andere Spieler stellten sich auf seine Spielweise besser ein. Er hielt als einziger Top Ten Spieler an seinem geliebten Holzschläger „Donnay Björn Borg“ fest. Dies hatte auch zur Folge, dass seine Schläge im Gegensatz zu seinen Konkurrenten nicht mehr die Power hatten. Als Match des Jahrhunderts gilt sein fünftes Wimbledonfinale 1980 gegen John McEnroe. In fünf knappen Sätzen behielt Borg noch einmal die Oberhand.

Sein Vermögen wurde auf 250 Millionen $ geschätzt. Durch Fehlspekulationen seiner Manager kursierten jahrelang Gerüchte des finanziellen Kollaps, zwei gescheiterte Ehen taten ein Übriges, ein angeblicher Zusammenbruch wurde als Selbstmordversuch gedeutet.

Er spielte wieder erfolgreich auf der 1990 gegründeten ATP Senior Tour. Die Fortsetzung seiner Duelle mit John McEnroe, Jimmy Connors, Yannik Noah und anderen begeisterten seine immer noch zahlreichen Fans.

 

John McEnroe: “You cannot be serious”. Foto Jürgen Hasenkopf

John McEnroe:

„Wie viele Traumtänzerentscheidungen willst du hier eigentlich noch fällen, du fetter Drecksack?“ Nach diesem Spruch zum Schiedsrichter auf einem Turnier in Sydney gab es mal wieder die fällige Disqualifikation. Der Schiedsrichter äußerte sich hinterher: “In meinem Hauptberuf bin ich Kriminalbeamter, ich bin auch schon mit Mördern fertig geworden.“

John McEnroe hat neben Ilie Nastase und Jimmy Connors das größte Strafenregister aller Profispieler erreicht. Seine Ausfälle gegenüber den Schiedsrichtern aber auch dem Publikum sind legendär. Viele Zuschauer kauften sich Eintrittskarten, nur um einen eventuellen obszönen Ausbruch McEnroes einmal live zu erleben, für Unterhaltung war jedenfalls gesorgt. Nach seinem Sieg 1981 gegen Björn Borg im Finale von Wimbledon titulierte ihn die englische Presse wie folgt: er wäre ein zügelloser Rotzlöffel, der Oberflegel der Nation. Die New York Times gipfelte in der Bemerkung: „Die übelste Beleidigung des amerikanischen Wertesystems seit Al Capone.“ Die obligatorische Mitgliedschaft im altehrwürdigen „All England Lawn Tennis Club“ nach einem Wimbledonsieg wurde Big Mac damals verweigert. Mittlerweile sind alle Irritationen aber ausgeräumt und McEnroe ist Mitglied im AELTC.

Sein langjähriger Doppelpartner, Peter Flemming, antwortete auf die Frage, welches das weltbeste Doppel aller Zeiten sei: John McEnroe und irgendwer. Foto Jürgen Hasenkopf

Auf der einen Seite der Tennisschnösel, auf der anderen Seite war er aber der geniale Spieler, der nicht auf Fehler seines Gegners wartete, sondern darauf aus war, eigene Punkte zu erspielen. Auf schnellen Belägen war er in den nächsten Jahren nahezu unschlagbar. Sein Linkshänderaufschlag und sein erster Volley gehörten zum Besten, was man auf Turnieren bis heute gesehen hat. Auf Ascheplätzen brachte er aber - wie alle Offensivspieler - nie die Geduld auf, die notwendig gewesen wäre, um Borg oder später auch Spezialisten wie Lendl oder Wilander in Gefahr bringen zu können. Ähnlich wie Boris Becker gewann er nie ein großes Sandplatzturnier.

Big Mac hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Foto Jürgen Hasenkopf

Die Niederlage im Daviscup - im Abstiegsspiel Deutschland gegen die USA - gegen Boris Becker nach einer Spielzeit von über sechs Stunden im fünften Satz zählt neben dem Wimbledonfinale 1981 gegen Björn Borg zu den Klassikern. Heute spielt Big Mac ab und zu noch auf der ATP Senior Tour, erfolgreicher ist er allerdings als Kommentator für verschiedene TV Stationen auf den großen Turnieren. Den Posten als Davis Cup Teamchef Amerikas legte er schnell wieder zu den Akten.

 Grand Slam Statistik:

Björn Borg:               6 x Roland Garros – 5 x Wimbledon

John McEnroe:         3 x Wimbledon – 4 x US Open

Dieses You Tube Video wurde “eingebettet” mit Genehmigung des Urhebers (Super Tennis)

 

 

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